Anna Greta Charlotte Böcker
Anna Greta Charlotte Böcker

Die Geburt

Geschafft!

Am 22. Oktober 2010 wurden wir zur Geburt wieder stationär aufgenommen, denn am Montag waren wir nach der Diagnose wieder nach hause entlassen worden. Passend zur Stimmung erhielten wir ein Einzelzimmer im 50er Jahre Stil, mit einem hässlichen Plastikbad und verwohnten Möbeln. Ein Fernseher ist ein Luxusgegenstand und muss angemietet werden! Ein weiteres Bett für meinen Mann musste hinzugestellt werden, da er die Tage mit mir gemeinsam im Krankenhaus verbringen sollte. Ein hässliches, kleines und altmodisches Zimmer lud uns also ein, die Stunden bis zur Geburt so gemütlich wie möglich zu bestreiten... Grauenhaft! Ging es uns bis dahin mental noch einigermaßen gut, so verschlechterte diese Unterkunft unsere Stimmung doch noch zusätzlich ganz erheblich. Wir fühlten uns wie Aussätzige. Nur zu den Mahlzeiten und zur Medikamentenvergabe ließ sich eine Schwester blicken... Überhaupt waren die Schwestern und Hebammen sehr mitfühlend, jedoch hatten wir das Gefühl, dass wir die Schwestern trösten mussten und nicht umgekehrt... Egal.

 

Ab 20 Uhr am Freitag Abend erhielt ich alle 4 Stunden eine Tablette zur Weheneinleitung. Am nächsten Morgen spürte ich noch keine Veränderung, so dass wir am Mittag noch einen Spaziergang zur Kappelle machen konnten und Gott baten, unsere Charlotte wider der Diagnose, gesund sein zu lassen. Kurz nach Ende des Spaziergangs, um Punkt 14 Uhr, platzte meine Fruchtblase. Eine Stunde später bekam ich leiche Schmerzmittel gegen die Wehen. Um 18 Uhr gingen wir in den Kreißsaal und die PDA wurde gelegt. Die Zeit verging wie im Fluge, so dass ich um 21 Uhr bereits auf das Kreißbett wechseln konnte, die erste Phase der aktiven Geburt begann. Alles in allem war die Geburt nicht so schmerzhaft wie ich es mir vorgestellt hatte, obwohl die PDA ziemlich schnell nachließ, waren die Schmerzen zwar heftig aber aushaltbar; so lange Charlotte lebte. Gegen 23 Uhr, die Geburt war fast geschafft, da starb Charlotte und mit ihr auch die letzten Presswehen... Diese 16 Minuten waren die Hölle! Die Schmerzen der Geburt und auch dass Wissen, dass sie nicht überlebt hatte, raubten mir die Kräfte... Ich war die einzige die wußte, wann und dass sie gestorben war, denn es war nicht nur eine stille also ein Totgeburt, sondern auch eine Geburt ohne CTG.

 

Mein Mann war die ganze Zeit bei mir und hat mich unterstützt. Ohne ihn wäre die Geburt niemals so "einfach" verlaufen und dafür danke ich ihm. Er durfte Charlotte die Nabelschnur durchschneiden und hielt sie die ersten Minuten auch ganz sanft in seinen Armen. Gemeinsam mit dem Arzt und der Hebamme machte er den Apgar-Test und wog und vermesste die kleine leblose Charlotte. In dieser Zeit wurde ich medizinisch weiterversorgt.

 

Dann endlich um 23.26 Uhr durfte auch ich mein Kind in den Armen halten. Ein wahnsinns Moment! Sie war sooo schööön! Gemeinsam hielten wir sie in den Armen, dick eingewickelt in ein Handtuch. Die Hebamme machte Fotos zur Erinnerung und die Stille und die Atmosphäre machten diese Minuten zu etwas spirituellem, zu einem Wunder; zu unserem Wunder.  

 

Anschließend ließen wir Charlotte vom Krankenhauspastor segnen. Die Omas und Opas, die Tanten und Onkels waren gekommen, um Charlotte zu begrüßen und zu verabschieden. Da wir wußten, dass diese wenigen Stunden einmalig sein würden, nutzten wir alle die Gelegenheit für Fotos und Worte und Gedanken und Streicheleinheiten mit dem kleinen Sternenkind. Diese Stunden werden wir alle niemals vergessen und Charlotte hat gewiss gespürt, dass sie der Mittelpunkt unserer Runde ist - so konnte sie friedlich, glücklich und beseelt die Reise in den Himmel antreten.